Nachweis einer transovariellen Übertragung von Borrelien, Rickettsien und Anaplasmen im Holzbock (Ixodes ricinus)

Nachweis einer transovariellen Übertragung von Borrelien, Rickettsien und Anaplasmen im Holzbock (Ixodes ricinus)

Der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) stellt in Europa die am weitesten verbreitete Zeckenart dar. Der Holzbock gilt als wichtigster Vektor für eine Reihe bakterieller Krankheitserreger, die für die Gesundheit von Mensch und Tier von großer Relevanz sind. Zu diesen Erregern gehören auch die Gattungen der Borrelien und Rickettsien, deren Vertreter die gefürchtete Erkrankung Lyme-Borreliose und den Erkrankungskomplex der Rickettsiosen hervorrufen können. Ein weiterer durch den Holzbock übertragbarer Erreger ist das Bakterium Anaplasma phagocytophilum, welches bei Mensch und Tier die Granulozyten befällt und die Erkrankung Anaplasmose auslöst.
Die Übertragung dieser Krankheitserreger zwischen den Zecken kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Bei einer transovariellen Übertragung erfolgt die Weitergabe von Erregern in vertikale Richtung, also über die Eizellen an die Folgegeneration. Diese Form der Übertragung erleichtert es den Krankheitserregern, dauerhaft relativ unabhängig vom Vorhandensein eines Wirtes in einem Ökosystem zu persistieren. Die transovarielle Erregerübertragung konnte für die Gattung Rickettsia unter Laborbedingungen bereits nachgewiesen werden, wobei die Effizienz bis zu 100% betragen kann. Im Gegensatz dazu wurde für Anaplasma phagocytophilum bisher eine niedrige bis ineffiziente transovarielle Übertragung angenommen. Bislang wurde in Prävalenzstudien die Häufigkeit des Vorkommens von Krankheitserregern eher bei erwachsenen Zecken und Nymphen untersucht. Im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten Studie wurden nun auch Zeckenlarven auf das Vorhandensein solcher Erreger analysiert, um eine mögliche transovarielle Übertragung unter natürlichen Bedingungen nachzuweisen und das Infektionsrisiko für Mensch und Tier beim Befall mit Larven von Ixodes ricinus besser einschätzen zu können.
Im Zeitraum von 2010-2018 wurden demnach an verschiedenen Örtlichkeiten in Norddeutschland Larven des Holzbockes mittels der sogenannten „Flaggenmethode“ gesammelt. Hierfür wurde eine weiße Flagge etwa 1 Meter weit über den Boden gezogen. Alle Larven, die als Ballen an der Flagge hafteten, wurden als Nest definiert, welches von einem einzelnen Weibchen stammt. Die Identifizierung der Zeckenspezies erfolgte anhand einer genomischen Sequenzierung einiger der im Nest vorhandenen Larven. Des weiteren wurden die Larven mittels molekularbiologischer Methoden auf das Vorhandensein pathogener Erreger-DNA getestet. Insgesamt wurden so 1500 Larven von Ixodes ricinus untersucht, welche aus 50 Larvennestern stammten.
Die Größe der Nester variierte hierbei zwischen 10 und 1643 Larven. Die meisten Nester wurden in Hannover (20 von 50), Hamburg (12 von 50) und Mellendorf (11 von 50) gefunden. In 39 von 50 Nestern (78%) wurden die Gattungen Borrelia und Rickettsia identifiziert, in 3 Nestern (6%) wurde der Erreger Anaplasma phagocytophilum nachgewiesen. Insgesamt wurde in 90% der Zeckennester mindestens 1 Erreger entdeckt. Von den 1500 Larven waren 137 positiv für Borrelien-DNA (9,1%) und 341 positiv für Rickettsien-DNA (22,7%), bei 3 Larven wurde DNA von Anaplasma phagocytophilum gefunden (0,2%). Co-Infektionen mit mehreren Erregern wurden in 33 von 50 Nestern (66%) bzw. 38 von 443 positiven Larven (8,6%) entdeckt. Insgesamt hatten Larven in Nestern mit mehreren Infektionen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit mit Borrelien oder Rickettsien infiziert zu sein, als in Nestern mit einem einzigen vorhandenen Erreger.

Zusammenfassend betrachtet liefert diese Studie Hinweise darauf, dass die transovarielle Übertragung unter Feldbedingungen zumindest innerhalb der Gattungen Borrelia und Rickettsia eine Rolle spielt. Beim Erreger Anaplasma phagocytophilum scheint diese Form der Übertragung zwar möglich, jedoch ineffizient zu sein.

Quelle: Parasites Vectors. 2020 Apr 07;13:176-186