Tötung infizierter Hunde als Maßnahme zur Eindämmung der viszeralen Leishmaniose sinnlos

Hunde stellen das Hauptreservoir des Erregers Leishmania infantum dar, welcher beim Menschen die viszerale Leishmaniose verursacht. Als Maßnahme zur Erregerbekämpfung werden in einigen Ländern immer noch Hunde ganz offiziell im Rahmen der Regierungspolitik getötet, wenn bei ihnen eine Leishmanioseinfektion nachgewiesen wurde. Im Laufe der Jahre fielen so Millionen von Hunden solchen Maßnahmen der nationalen Gesundheitspolitik zum Opfer.
Vom 19. – 22. März 2018 fand in Windsor (Großbritannien) das 13. Symposium des Forums für canine vektorübertragene Krankheiten (CVBD) statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung trifft sich jedes Jahr eine Gruppe von international anerkannten Wissenschaftlern, die sich mit den durch Vektoren übertragenen Krankheiten bei Hunden und Katzen befassen. Auch unser Vereinsvorsitzende Dr. Torsten Naucke nimmt jedes Jahr an der Veranstaltung teil. Da die Leishmaniose und deren Verbreitung ein globales Problem darstellt, wurde auf dem Symposium 2018 auch die Rolle der positiv getesteten Trägerhunde im Rahmen des One-Health-Konzeptes diskutiert. Die Wissenschaftler waren sich darüber einig, dass die Tötung infizierter Hunde jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt und dass derartige Vorgänge ethisch inakzeptabel sind.

In einem kürzlich erschienen Artikel wurde diese Konsenserklärung nun endlich auch veröffentlicht und die Sinnlosigkeit derartiger Tötungen hervorgehoben. Gegen die Tötung infizierter Hunde sprechen demnach folgende Gründe:

  • Es existiert kein wissenschaftlicher Nachweis darüber, dass die Tötung von Hunden als Mittel zur Verringerung der Inzidenz der Leishmaniose geeignet ist. Ganz im Gegenteil, in den letzten 20 Jahren konnten weltweit weitreichende Erkenntnisse gesammelt werden, die das Scheitern dieser Methode als Kontrollstrategie nahelegen (hier werden vor allem weite Teile Asiens und Brasiliens genannt).
  • Auch alternative Erregerreservoire können eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Lebenszyklus´ von Leishmania infantum spielen, somit müssen diese dringend bei der Entwicklung einer vernünftigen Kontrollstrategie berücksichtigt werden.
  • Getötete Hunde werden häufig schnell durch neue jüngere Tiere ersetzt, welche in der Regel sogar anfälliger für Infektionen mit Leishmania infantum sind.
  • Die in den entsprechenden Ländern genutzten serologischen Diagnosewerkzeuge weisen häufig Einschränkungen hinsichtlich der Sensitivität und Spezifität auf. So existieren beispielsweise Kreuzreaktionen mit anderen Arten von Leishmania und mit Trypanosoma.
  • Das Töten von Hunden ist zuletzt auch aus sozioökonomischer Sicht verwerflich, da die Tötung von Hunden auch Leid und Erkrankungen beim Besitzer nach sich ziehen kann.

Eine wirksame Kontrolle der Übertragung von Leishmania infantum erfordert demnach integrierte Ansätze, die sich nicht nur auf den Hund als indirekte Quelle konzentrieren, sondern auch auf den Parasiten und vor allem den Vektor Sandmücke.
Auch alternative Lösungen wurden auf diesem Symposium diskutiert. So zeigt beispielsweise eine Vielzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass die regelmäßige Anwendung topischer Insektizide hochwirksam ist, um Phlebotomenstiche und damit die Übertragung der Leishmanien zu verhindern. Die ständige Verwendung solcher Insektizide schützt nicht nur die Hunde vor Sandmücken, sondern ermöglicht auch eine Reduktion dieser Vektoren im Umkreis der Tierhalter, was möglicherweise auch zu einer Reduktion der Inzidenz beim Menschen beiträgt. Der Einsatz chemotherapeutischer Präparate kann die Infektiösität der betroffenen Hunde vermindern, was unter experimentellen Bedingungen zu einer Abnahme der Infektion in Phlebotomenpopulationen führte. In vielen Ländern stehen zudem Impfstoffe zur Verfügung, die das Risiko für das Auftreten klinischer Zeichen verringern.

Für die Praxis werden von den Wissenschaftlern des CVBD-Forums folgende Maßnahmen als Alternative zur sinnlosen Tiertötung empfohlen:

  • Permanenter Schutz vor Sandmückenstichen bei allen Hunden in den betroffenen Gebieten durch den Einsatz von Insektiziden.
  • Verbesserung der allgemeinen Gesundheit und des Ernährungszustandes der Hunde.
  • Ständige Aktualisierung innerhalb der Fachkreise bezüglich einer sinnvollen Diagnostik einer Leishmanioseerkrankung und im Hinblick auf die aktuellen Therapieempfehlungen.
  • Verbesserung der Umwelt- und Wohnbedingungen, um den Schutz vor Sandmücken zu erhöhen und so die Exposition des Menschen gegenüber dem Vektor zu verringern.

Die gemeinsame Veröffentlichung dieser Konsensempfehlungen und die enthaltenen wissenschaftlichen Daten sollten nun endlich auch die Politiker in den entsprechenden Ländern davon überzeugen, dass das Töten infizierter Hunde völlig sinnlos ist und nicht zum Schutz der Menschen vor einer Infektion mit Leishmania infantum beiträgt. Zudem erscheint es im Sinne des Tierschutzes sinnvoll, dass die entsprechenden Argumente nun auch für jeden zugänglich sind.

Quelle: Emerg Infect Dis. 2019 Dec;25(12):1-4